ÖKOSYSTEMISCHE
DISKURSANALYSE
Hildo
Honório do Couto, Universität Brasília
Die Ökologische
Diskursanalyse (nachfolgend ÖDA) entstand im Kontext der Ökosystemischen
Linguistik, die eine Variante der in Brasilien praktizierten Ökolinguistik darstellt.
Es scheint daher geboten, die Konzeption dieser
Disziplinen erklärend an den Anfang zu stellen. Das Forschungsfeld der
Ökolinguistik wird ganz allgemein als die Untersuchung der Beziehung zwischen
der Sprache und der Umwelt definiert. Diese Definition hat zu einer Reihe von
Missverständnissen geführt, wie z. B. dem, dass die Sprache eine “Sache” wäre,
die mit etwas anderem (ihrer Umgebung)
in Zusammenhang stehe. Damit wäre dieser Forschungsbereich dann als die
Untersuchung der Beziehung zwischen den Menschen und der Umwelt, innerhalb
derer sie die Sprache benutzen, zu definieren. Wir werden jedoch sehen, dass
die Ökosystemische Linguistik das Konzept der Ökolinguistik anders fasst, dass
sie vom zentralen Konzept der Ökologie, dem Ökosystem ausgeht, eine Tatsache,
die bereits im Namen ihren Niederschlag findet und die im folgenden
ausführlicher erörtert wird.
Als integraler Bestandteil der Ökosystemischen
Linguistik wurde die ÖDA ursprünglich als Kritische Ökosystemische Linguistik (KÖL)
bezeichnet, Bezug nehmend sowohl auf die Kritische Ökolinguistik als auch auf
die Kritische Diskursanalyse. Soweit es sich derzeit zurückverfolgen lässt,
wurde der Begriff “Ökologische Diskursanalyse” in der Publikation von Couto
(2013) benutzt. In einer Veröffentlichung von 2014 verwenden ihn auch Richard
Alexander und Arran Stibbe, wenn auch nicht in dem Sinne, in dem er in der
vorliegenden Arbeit verwandt wird (Alexander & Stibbe 2014). Einige Jahre
zuvor jedoch taucht bereits bei Bednarek & Caple (2009) der Ausdruck
“ecolinguistic discourse analysis” auf, inklusive des Akronyms EDA, also der
Abkürzung der englischen Bezeichnung. Dieser Artikel nimmt zudem Bezug auf
einen Großteil der Forschungsliteratur, die auch die Basis der ÖDA bildet.
Die ÖDA ist der jüngste Ableger der Ökolinguistik und deren Forschungszweig der Ökosystemischen Linguistik, wobei an den bereits angeführten bibliographischen Referenzen ablesbar ist, dass es sich bei den beiden lezteren Bereichen auch um relativ neue Forschungsfelder handelt. In Brasilien gibt es jedoch bereits eine Monographie (Couto, Couto & Borges 2015) sowie eine ganze Reihe von Zeitschriftenartikeln und Buchkapiteln, die sich ausschließlich diesem Thema widmen. Darüber hinaus dient sie einer zunehmenden Anzahl von wissenschaftlichen Arbeiten (Dissertationen etc.) als theoretischer Rahmen.
Die ÖDA ist der jüngste Ableger der Ökolinguistik und deren Forschungszweig der Ökosystemischen Linguistik, wobei an den bereits angeführten bibliographischen Referenzen ablesbar ist, dass es sich bei den beiden lezteren Bereichen auch um relativ neue Forschungsfelder handelt. In Brasilien gibt es jedoch bereits eine Monographie (Couto, Couto & Borges 2015) sowie eine ganze Reihe von Zeitschriftenartikeln und Buchkapiteln, die sich ausschließlich diesem Thema widmen. Darüber hinaus dient sie einer zunehmenden Anzahl von wissenschaftlichen Arbeiten (Dissertationen etc.) als theoretischer Rahmen.
Der vorliegende Artikel hat, inklusive dieser kurzen
Einleitung und den Schlussfolgerungen, sechs Kapitel. In Abschnitt 2 wird ein
kurzer Überblick über die Ökosystemische Linguistik gegeben, da alle ihre
Konzepte auch in der ÖDA verwendet werden können. Abschnitt 3 ist der
wichtigste Teil der vorliegenden Abhandlung, da hier die Grundlagen der ÖDA
detailliert dargestellt und erläutert werden. In Kapitel 4 werden einige der
wichtigsten Analysekategorien der ÖDA und deren jeweiligen ökologischen
Grundlagen vorgestellt. Im fünften Teil wird gezeigt, dass die ÖDA nicht auf
die Analyse von ökologischen, antiökologischen oder pseudoökologischen Texten
beschränkt ist, sondern dass sie auf jede Art von Text angewandt werden kann,
wie z. B. Syllogismen, die ja eine abstraktesten Textsorten darstellen. Dies liegt an der grundsätzlich holistischen
Herangehensweise der Ökosystemischen Linguistik, wobei natürlich eingeräumt
werden muss, dass jeder Forscher nur einen beschränkten Bereich bearbeiten
kann. In Kapitel 6 werden schließlich einige Schlussfolgerungen und Ausblicke
für weitere Forschungen vorgestellt.
2. Ökosystemische Linguistik
Da die ÖDA Teil der Ökosystemischen Linguistik (ÖL)
ist, ist es notwendig, die letztere relativ ausführlich vorzustellen, schon
allein deshalb, weil, wie bereits oben angedeutet wurde, alle Kategorien der ÖL
auch Kategorien der ÖDA sind. In Anlehnung an Autoren wie Haugen (1972), Finke
(1996) und Trampe (1996, 2016), um nur einige zu nennen, entstand eine Variante
der Ökolinguistik, die sich in zweierlei Hinsicht radikal auf die Ökologie
bezieht. Erstens, weil sie von dem zentralen Konzept dieser biologischen
Disziplin, dem Ökosystem, daher der Name Ökosystemische Lingustik, ausgeht.
Zweitens, weil die ÖL sich nicht einfach nur Konzepte der biologischen Ökologie
aneignet und diese in sprachanalytischen Untersuchungen anwendet. Sie ist
vielmehr Teil der Makroökologie und als solche mit der biologischen Ökologie
auf einer Ebene angesiedelt, was zu der alternativen Bezeichnung Sprachökologie
geführt hat. Zudem sind die zentralen Konzepte wie Population, Territorium und
Interaktion mit denen der biologischen Ökologie identisch.
Tatsache ist, dass, wie durch das Element “öko” bereits
angedeutet wird, die Ökolinguistik eine ökologische Disziplin sein soll, auch
im wörtlichen Sinne. Wenn es sich also um eine ökologische Disziplin handelt,
sollte ihre Charakterisierung mithilfe der zentralen Begriffe der Makroökologie
vorgenommen werden, von denen zweifelsohne dem Begriff des Ökosystems
eine herausragende Bedeutung zukommt. In der biologischen Ökologie wird
darunter die Gesamtheit einer Population (P) von lebenden Organismen, ihre
Umwelt, Habitat, Biotop oder Territorium (T) sowie die Interaktion (I) die
sowohl zwischen den Organismen mit ihrer Umwelt stattfindet als auch die
zwischen den Organismen selbst verstanden. In der Sprachökologie, wird die
Population (P) von den Mitgliedern
einer bestimmten Sprachgemeinschaft
gebildet, die (physische) Umwelt ist das Territorium (T) und Interaktion
ist die Sprache (S). Die Gesamtheit von Menschen, Sprache und
Territorium ist das linguistische Ökosystem innerhalb dessen PT die Umwelt
der Sprache bildet. In dieser allgemeinen Form lässt sich also sagen, dass
sowohl das linguistische Ökosystem als auch die in seinem Zentrum befindliche Umwelt der Sprache natürlich, mental
oder sozial sein können. Es wird im weiteren Verlauf gezeigt werden, dass das
in dieser allgemeine Form aufgefasste Ökosystem insofern integral genannt
werden kann, als es alle anderen mit einschließt.
Geht man nun davon aus, dass sich die Sprache durch
die Interaktion, die innerhalb des linguistischen Ökosystem stattfindet,
konstitutiert, dann ist es notwendig, dieses Konzept im Detail zu erörtern,
denn es existieren genau genommen vier linguistische Ökosysteme. Das erste ist
das natürliche Ökosystem der Sprache. Eine bestimmte ethnisch
determinierte Gruppe, z. B. die Kamayura im Xingu-Reservat in Brasilien
kann als Population (P1) aufgefasst werden, der von ihnen
bewohnte Teil des Reservats als das Territorium (T1) und der
natürliche Teil ihres traditionellen Kommunikationsmediums, ihre Sprache,
nämlich das Kamayura, als (L1). Innerhalb dieses Ökosystems bilden P1T1
die natürliche Umwelt des Kamayura. Sprache ist jedoch auch ein
psycho-physisches Phänomen, das hier als (L2) bezeichnet wird, und
als solches wird es in den Köpfen der Sprecher gespeichert und verarbeitet und
bildet somit das mentale Ökosystem der Sprache, wobei das Gehirn als Ort der mentalen Interaktion
der Sprache, der locus, also das “Territorium” (T2) ist. Die
Interaktion selbst, eben jene neuronalen Verbindungen, die gemeinhin Geist
genannt werden, sind nichts anderes als das arbeitende Gehirn, ein kreatürlicher
und aktiver Aspekt, und können dementsprechend als Population (P2)
interpretiert werden. Das heißt also, dass das Gehirn und der Geist zusammen (P2T2),
die geistige Umwelt der Sprache bilden. Für den Laien ist die Sprache im
Grunde ein soziales Phänomen (L3). Ökolinguistisch gesehen ist das soziale
Ökosystem der Sprache aber nur eines von vieren. Es besteht aus einem Kollektiv
von Individuen als sozialen Wesen (P3). Der soziale Verband,
den diese Individuen bilden ist der Ort (Gesellschaft),
das Territorium (T3), der sozialen Interaktion zwischen den
Individuen. Die Gesellschaft und die Kollektivität (P3T3)
bilden somit die soziale Umwelt der Sprache.
Diese drei Ökosysteme konvergieren im integralen
Ökosystem der Sprache, das auch als das fundamentale Ökosystem Sprache
bezeichnet wird. Für den Laien ist es jedoch einfach (Sprach)Gemeinschaft. Es
ist insofern integral und grundlegend, als es die drei anderen Systeme umfasst
und es ist auch der Ort, an welchem die grundlegenden Fragen hinsichtlich der
Sprache gestellt werden. Eine dieser Fragen, die erste, die von Laien immer
dann gestellt wird, wenn sie zum ersten Mal den Namen einer Sprache (L) hören,
ist die nach der Sprechergemeinschaft, der Nation bzw. Population (P), die
diese Sprache spricht und die zweite Frage ist, nach dem Territorium (T), also
wo die Sprecher geografisch zu verorten sind. Daraus ergibt sich, dass die
integrale Umwelt der Sprache PT ist. Dieses Ökosystem kann als Gemeinschaft der
Sprache und als Gemeinschaft des Sprechens aufgefasst werden. Vom Aspekt der Sprachgemeinschaft aus betrachtet steht
der Systemcharakter der Sprache im Vordergrund, also im weitesten Sinne das
saussursche Konzept der langue.
Die Perspektive der Gemeinschaft des Sprechens, oder Sprechgemeinschaft (auch
Interaktionsgemeinschaft bzw. Kommunikationsgemeinschaft) betont die
Interaktion, also die parole. Die
Sprechgemeinschaft ist das sprachliche Ökosystem par excellence, in dem
Sinne, in dem es durch den Betrachter definiert wird. So kann es Europa als
Ganzes (die Ökologie der europäischen Sprachen) sein, aber auch nur
Deutschland, Bayern, München, ein Stadtteil von München, oder auch nur eine
Familie in diesem Stadtteil. Im letzteren Fall würde ein Linguist diese Familie
untersuchen, um deren kommunikative Interaktiosmuster zu erheben.
Fassen wir, in Anlehnung an Maturanas und Varelas
“Baum des Wissens” die Sprache als einen “Baum” auf, würde der Stamm von der Ökologie
der kommunikative Interaktion gebildet. Er besteht aus einem Sprecher, der
sich als ICH definiert und einen Hörer, den der Sprecher DU nennt. Das, was
oder worüber er spricht, und/oder was ICH zugeeignet ist, ist ER1/SIE1/ES1.
Das, was DU zugeeignet ist oder sich darauf bezieht, ist ER2/SIE2/ES2.
ER1/SIE1/ES1 und ER2/SIE2/ES2
konstituieren das SIE. In der konkreten Interaktion nimmt dieses SIE die Form
von Nomen wie Baum, Wolke, Person, Verfassung, Computer
etc. an. Man könnte also sagen, dass alle Nomen (Namen) erst in der
kommunikativen Interaktion als solcher in Erscheinung treten und durch Pronomina substituiert werden, eine
Perspektive, die im Gegensatz zur Auffassung der traditionellen Grammatik steht. Auch die
anderen Wortarten haben ihren Ursprung in eben dieser kommunikativen
Interaktion, da diese Aktionen (Verben), Attribute (Adjektive), Partikeln,
die Wörter (Präpositionen) oder Sätze (Konjunktionen) miteinander verbinden,
usw. enhält. Mit anderen Worten, das gesamte Vokabular einer Sprache hat seinen
Ursprung dort.
Es gibt natürlich auch andere als die oben
beschriebenene Kombinationsmöglichkeit der Teilnehmer der Ökologie der
kommunikativen Interaktion, deren Anwendung von Sprache zu Sprache variiert. Tupi
und Guarani z. B. unterscheiden zwischen ICH + ER1/SIE1/ES1
und ICH + DU. Die erste Kombination ist das exklusive WIR, oré, die
zweite das inklusive WIR, jandé. Andere Sprachen, wie das englisch
basierte Tok Pisin in Papua Neuguinea nehmen andere Unterscheidungen vor.
Sprachliche Interkation besteht jedoch im Wesentlichen aus einer Reihe von Interaktionsregeln
wie sie von Couto & Couto (2013) formuliert wurden. Diese
Interaktionsregeln umfassen die systemischen Regeln, deren Existenz auch
im Dienste der Effizienz der kommunikativen Interaktion steht. Diese Sichtweise
befindet sich in einem diametralen Gegensatz zu der des Strukturalismus im
weitesten Sinne, für den die Sprache sich mehr oder weniger auf Grammatik
beschränkt. Vom Standpunkt der Ökolinguistik aus gesehen sind jedoch die
systemischen Regeln unterstützende Elemente der Interaktionsregeln und dementsprechend
auch interaktional. Darüber hinaus entwickelt die Ökologie der kommunikative
Interaktion auch ein Szenario, in dem sich das Drama der Akte der
kommunikative Interaktion entfaltet. Es sind die Handlungen innerhalb der
kommunikativen Interaktion, die den Ursprung der Sprache bilden, ontogenetisch
und phylogenetisch. Aus diesem Grunde sind Bedeutungen kontextuell, sie
erwachsen aus der Ökologie spezifischer kommunikativer Interaktionen. In diesem
Sinne kann nichts von dem, was für Sprecher und Hörer “normal” ist als “falsch”
bezeichnet werden, wie schon Makkai (1993) hervorgehoben hat.
3. Die Kritische
Ökosystemische Linguistik
Die Vorsilbe “öko” bedeutet “Haus” und demnach sollte
die Ökolinguistik jeden “Raum” im Haus der Sprache in ihr Forschungsinteresse
einschließen. Dieser umfassende und holistische
Skopus bedingt, dass nichts was irgendwie in Bezug zur Sprache steht,
ihr fremd ist. Von daher ist es auch ihr Geschäft, Diskurse und Texte zu
untersuchen, eine Aufgabe, die sie vermittels der Kritischen Ökosystemischen
Linguistik (bzw. Ökologische Diskursanalyse) wahrnimmt. Man könnte fragen, was
ist in der Herangehensweise der Kritischen Ökosystemischen Linguistik anders
ist, das heißt, welche Aufgaben nimmt sie wahr, die nicht auch mithilfe einer
der traditionellen Versionen der Diskursanalyse oder durch die Kritische
Ökolinguistik bewältigt werden könnten? In der Tat lässt sich sagen, dass die
Analysen der Kritischen Ökolinguistik, die sich fast ausschließlich Fragen der
Umwelt widmen – man könnte sie von daher auch “Umweltlinguistik” nennen –
mithilfe einer der Versionen der Diskursanalyse vorgenommen werden könnten.
Es gibt zahlreiche Studien im Zusammenhang mit diesen
und anderen Disziplinen, in denen die Umweltprobleme angegangen werden. Ein
Großteil der Ökolinguisten hat sich dieser Art von Studien verschrieben, wie
die einschlägigen Veröffentlichungen und die Themenstellungen ökolinguistischer
Kongresse zeigen. Selbst Wissenschaftler aus anderen Bereichen haben sich die
“ökologische Diskursanalyse” angeeigent. Was die ÖDA vorschschlägt ist etwas
anderes. Ihr Ziel ist nicht nur die
Untersuchung ökologischer, antiökologischer oder pseudoökologischer Diskurse,
sondern vielmehr die ökologische Analyse von Diskursen. Als Teil der
Ökosystemischen Linguistik ist sie eine Disziplin der Ökologie, die Phänomene
der Sprache untersucht, nicht nur eine Disziplin der Sprachwissenschaft, die
Studien über ökologische Phänomene oder Umweltfragen macht. In dieser Hinsicht
erinnert sie sehr an den Vorschlag der Ökosprache von Matos (Matos et al. 2014)
und auch im Kontext der kritischen Diskursanalyse (KDA) gibt es einige Ansätze,
die in Richtung der ÖDA gehen, insbesondere die Positive Diskursanalyse.
Die traditionelle Diskursanalyse, sowohl die, die sich
an Pêcheux anlehnt als auch die, die der angelsächsischen Linie folgt, betont
vor allem die Ideologie und die Machtverhältnisse. Dies ist sehr wichtig, aber
es handelt sich in diesem Falle um die marxistische Ideologie. Bei Pêcheux und
seinen Anhängern ist diese Ideologie durch die Arbeit von Louis Althusser
gefiltert und kann von daher als radikal marxistisch angesehen werden. Die
angelsächsische Linie folgt einem weniger radikalen Marxismus und steht in der
Tradition von Gramsci und der
Frankfurter Schule, aber es handelt sich dessen ungeachtet um eine
marxistischen Ideologie. Nun hat die marxistische Ideologie aber mindestens
drei Eigenschaften, die in einer ökologischen Weltsicht inakzeptabel sind. Die
erste ist die Betonung des Konflikts, vor allem des Konflikts zwischen
“herrschender Klasse” und “dominierter Klasse”. Wissenschaftler, die im Bereich
der ÖDA arbeiten, bevorzugen jedoch eine ökologische Weltsicht in deren Rahmen
östliche Philosophien, wie Hinduismus, Buddhismus und Taoismus (Couto 2012)
angemessener erscheinen. Im Falle von polaren Begriffen wie gut-schlecht,
groß-klein, dunkel-hell usw. ist die Perspektive
eine der Ideologie des Konflikts, eine antagonistische, eine des Gegeneinander,
des Entweder-Oder. In der östlichen Sichtweise werden diese Konzepte als eher
komplementär aufgefasst. Ein “Gut” kann nur in Beziehung auf ein “Schlecht”
existieren, das Große nur in Bezug auf das Kleine, das Helle nur in Relation
zum Dunklen. Diese Philosophie betont also die Harmonie und alles, was damit
zusammenhängt und nicht den Gegensatz der Ideologien.
Das
zweite Merkmal des Marxismus, das die ÖDA nicht akzeptiert, ist der
Anthropozentrismus, der bei Marx unter dem Deckmantel des Humanismus auftritt. Wenn der Mensch die “Krone der Schöpfung” ist, dann
hat alles andere nur die Aufgabe, ihm zu dienen, d.h. er kann sich des Rests
der Schöpfung bedienen, ihn nach Belieben gebrauchen und missbrauchen. Diese
Ideologie führt uns aber in eine Sackgasse, denn diese selbstmörderische
Haltung zerstört die Grundlage allen Lebens auf der Erde. Die ÖDA folgt hier der
Tiefenökologie (Naess 1973, 1989, 2002; Couto 2012: 49-67) und verteidigt die
Selbstverwirklichung alles Lebenden. Die Menschen haben nicht mehr Recht auf
Leben als andere Lebewesen. Wenn letztere aussterben, gehen die ersteren auch
zugrunde.
Das dritte Merkmal des Marxismus, das dem Ansatz der
ÖDA zuwider läuft, ist die Verteidigung der Diktatur des Proletariats. Nahezu
jedes Land, das sich einer vorgeblich marxistischen Ideologie verschrieb,
endete mit einem diktatorischen Regime, für das das Proletariat letztendlich
keine Rolle mehr spielte. In der Tat sind alle sogenannten “marxistischen”
Regierugen erbliche Diktaturen, was unter anderem auch die steinzeitlichen
Regime in Nordkorea und Kuba zeigen. Wenn jedoch, wie oft gesagt wird,
Ideologien unvermeidlich sind, dann lässt sich für die ÖDA festhalten, dass
deren Ideologie die Ideologie des Lebens, die ökologische Ideologie, die Ökoideologie oder auch die Bioideologie ist, d. h. jene, die
kompromisslos das Leben und den Kampf gegen das Leiden verteidigt.
Im Gegensatz zur traditionellen Diskursanalyse legt
die ÖDA den Schwerpunkt auf die Bewahrung des Lebens auf der Erde und auf den
Kampf gegen alles, was Leiden hervorrufen könnte. Es stimmt, dass Leid und
Schmerz ein Schutz der Lebewesen gegen den Tod sind. Gäbe es keine Schmerzen
und Leiden, würden sie nichts gegen die Verstümmelung des eigenen Körpers
unternehmen. Daher wird jedes Lebewesen immer nach Wohlbefinden oder, in der
Terminologie der Tiefenökologie, Selbstverwirklichung, streben. Diese Selbstverwirklichung
ist aber nicht mehr und nicht weniger als das, was gemeinhin Glück und
Zufriedenheit genannt wird. Der Tod existiert um den Fortbestand des Lebens zu
gewährleisten in dem Sinne, dass die Natur die Materie des einen Lebewesens zum
Nutzen des anderen wiederverwendet. Doch zumindest in Situationen, in denen
Schmerzen, Leiden und Tod vermieden werden können, sollten wir versuchen sie zu
vermeiden.
In Übereinstimmung mit den Kategorien der
Ökosystemischen Linguistik lassen sich folgende Unterscheidungen treffen:
Menschen teilen mit den Tieren eine natürliche Dimension, darüber hinaus haben sie aber eine Seelenleben, die mentale Dimension und sie leben in
sozialen Verbänden, die soziale
Dimension. Dementsprechend muss zwischen körperlichem (natürlichem),
psychischem und sozialem Leiden unterschieden werden. Körperliches Leiden ist
die Folge von Verletzungen, Verstümmelungen und ganz allgemein physischen
Agressionen. Alles körperliche Leiden ist eine Bewegung in Richtung auf den
Tod, der das maximale körperliche Leiden ist. Die Suche nach
Selbstverwirklichung ist eine Aktivität, Leiden zu vermeiden oder sich ihm
entgegenzustellen. Es ist jedoch klar, dass es Grade des Leidens gibt.
Gekniffen zu werden (physisch) wird meist als sehr viel weniger intensives
Leiden empfunden als eine psychische Folter. Beschimpfungen, Belästigungen,
Verunglimpfungen und Demoralisierung innerhalb des sozialen Gefüges sind auch
ein viel soziale Leiden als der Schmerz, der durch Kneifen hervorgerufen wird.
Wenn ein Forscher im Bereich der ÖDA einen Diskurs
anaysiert, dessen Thema Frauen sind, die jeden Tage von ihren betrunkenen
Männern geschlagen werden (manchmal auch mit Todesfolge) wird sie nicht als
Frauen verteidigen und den Tatbestand als machistischen Akt interpretieren, wie
es die feministische Ideologie täte, sondern er wird sie als leidende
menschliche Wesen verteidigen. Ihre Verteidung geschieht also in einem sehr
viel weiteren Rahmen als dem des gerechten Kampfes der Feministinnen gegen den
Machismo, der z. B. in der willkommenen Lex Maria da Penha (Lei Maria da Penha)
seinen Niederschlag findet. Feminismus und Öko-Feminismus behandeln
Frauenfragen aus der Perspektive des Konflikts (Ideologie, Marxismus) und der
Konfrontation, während die Perspkektive der ÖDA die des Ausgleichs und der
Harmonie ist.
Dementsprechend wird die Frau aus der Sicht der ÖDA
nicht als Gegnerin des Mannes betrachtet. Dieses Prinzip gilt auch für alle
Erscheinungsformen von Rassismus, Homophobie, Ethnozentrismus usw. Bestimmte
traditionelle Praktiken wie z.B. die Behandlung, die Frauen in einigen
muslimischen Ländern erfahren, darunter auch die Entfernung der Klitoris oder
Kindestötung bei einigen amerikanischen Ethnien und anderen Gruppen, stellen
uns vor ein Dilemma: Stellen wir uns auf die Seite des Lebens oder auf die der
tief verwurzelten kulturellen Traditionen? Die Position der ÖDA ist hier sehr
klar: Sie steht fest auf der Seite des Lebens, gegen das Leiden, denn
kulturelle Traditionen sind Veränderungen unterworfen, aber der Tod ist unumkehrbar.
Allerdings muss man bedenken, dass die ÖDA nur ganz
allgemeine Linien vorgibt, auf deren Grundlage spezielle Fälle beurteilt werden
können. In der Tat ist jeder Fall unterschiedlich und muss in seinem jeweiligen
Kontext evaluiert werden, aber die bereits erwähnten generellen Linien dienen
immer als Hintergrund der Beurteilung. Wie behandelt man z.B. das Leiden eines
Kindes, das für das Allgemeinwohl einer sozialen Gruppe geopfert wird, wenn die
Tradition es so will? Im Prinzip würde sich die ÖDA für die Erhaltung des
Lebens entscheiden, obwohl sie es im Falle von isolierten ethnischen Gruppen
vorzieht, diese ihre Sitten ungestört ausüben zu lassen. Wenn es sich jedoch um
akkulturierte Gruppen handelt, wird empfohlen, wann immer möglich zu intervenieren
um das Leben zu erhalten. Erinnern wir uns daran, dass Arne Naess explizit
sagt, dass die Tiefenökologie einen normativen Charakter hat.
Naturgemäß ist die Ökologie, deren Geschichte hier
nicht weiter behandelt werden soll, da dies bereits in einer großen Anzahl von
ökolinguistischen und ökologischen Publikationen geschehen ist, die Hauptquelle
der Inspiration für die ÖDA und es ist kaum verwunderlich, dass seit geraumer
Zeit verstärkt ökologische Ansätze in die Humanwissenschaften wie z. B. die
Soziologie, die Anthropologie und die Philosophie Eingang gefunden haben. Dies resultierte in
einer ökologischen Weltsicht (vgl. Capra 1992). Aber auch die Soziale Ökologie (Bookchin 2009) hat die ÖDA beeinflusst.
Ihre Grundannahme ist, dass die Menschen trotz des Überlegenheitsgefühls, das
sie aufgrund ihrer Kultur gegenüber anderen Spezies haben, letztendlich
Produkte der Natur sind. Dementsprechend muss die Mentalität der Herrschaft
über andere Wesen durch die der Komplementarität mit ihnen ersetzt werden. Dies
sollte zu einer Haltung der Demut, nicht Arroganz führen, durchaus unter
Beachtung der Spiritualität des Menschen, jedoch nicht im Sinne der Religionen,
die ihrerseits ja ein höheres Wesen kreiren, das die Menschen beherrscht.
Die Richtung der Philosophie, die einen Großteil der
zentralen Begriffe der ÖDA bereitgestellt hat, ist die Tiefenökologie, die von
dem norwegischen Philosophen Arne Naess (1912-2009) entwickelt wurde. Ausgehend
von Baruch Spinozas Ideen, des Taoismus und dem beispielhafen Leben von Gandhi
formulierte er eine Ökophilosophie (Ökosophie), die das Recht auf Leben aller
Wesen verteidigt. Der Mensch hat kein Recht sich ihrer nach Gutdünken zu
bedienen oder sie sogar zu missbrauchen, denn alle Lebewesen sind beständig auf
der Suche nach Selbstverwirklichung, d.h nach Wohlergehen und Glück. Für diese
Philosophie ist alles falsch, was Leiden mit sich bringt. Alles das, was kein
Leid mit sich bringt, kann grundsätzlich als richtig eingestuft werden, wie
Aldo Leopold sagte. Sie fordert etwas, das sie „Vorschriften“ nennt im Sinne
dass man Einstellungen, die das Leben begünstigen und gegen den Tod und Leiden
sind, vorschreiben sollte. Da der Begriff „Vorschrift“ recht autoritär scheint, sollte man ihn aber vielleicht durch „Empfehlung“ ersetzen. Diese
Philosophie schlägt unter anderem praktische Maßnahmen vor, die in konkreten
Situationen umgesetzt werden können. Beispielsweise kann Partei ergriffen
werden gegenüber dem Leiden vieler Frauen in einigen muslimischen Ländern,
indem man die kleinen Minderheiten in jenen Ländern unterstützt, die gegen
diese Art von Praktiken Position beziehen.
Der Taoismus, der viele Ähnlichkeiten mit Hinduismus
und Buddhismus aufweist, ist eine weitere Quelle der Inspiration für die ÖDA,
unabhängig von der Tiefenökologie. Das zentrale Konzept dieser Philosophie ist
die Harmonie mit der Natur im Allgemeinen und mit anderen Lebewesen, andere
Menschen miteingeschlossen. Daraus leiten sich alle anderen Konzepte ab:
Toleranz gegenüber dem Anderen, Bescheidenheit und frugale Ernährung,
Mitfühlsamkeit usw. Anders als alle vorherigen Versionen der Diskursanalyse
akzeptiert der Taoismus die Existenz von Konflikten, aber er betont sie nicht,
sondern er legt das Schwergewicht auf Versöhnung und Harmonie. So gibt es
beispielsweise im Tao Te King eine Reihe von Kapiteln in denen Ideen, dass
Konzepte, die in westlicher Sichtweisen (schwarz / weiß, gut / schlecht,
recht / hässlich, breit / schmal etc.) antagonistisch sind, sich entlang
derselben Achse artikulieren, dass sie sich also angemessen eher mit
Bindestrich dargestellen lassen: schwarz-weiß, gut-schlecht, schön-hässlich,
breit-schmal usw. Den Gegensatz gibt es auch, aber es ist nicht unbedingt
notwendig ihn in der Form zu betonen wie es im Marxismus, der ideologischen
Quelle der traditionellen Diskursanalyse geschieht. In Couto (2012) wird der
Versuch unternommen, die Prinzipien des Taoimus auf Sprachphänomene anzuwenden.
Das zweite Kapitel dieses Buches ist komplett der Erläuterung der Darstellung
des taoistischen Ansatzes gewidmet, so dass diejenigen, die sich speziell für
dieses Thema interessieren damit beginnen können.
Eng mit dem Taoismus verknüpft ist der Buddhismus,
eine Religion, die auf der Grundlage des Hinduismus entstanden ist. Obwohl er
bereits vor dem 1. Jahrhundert A.D. in einer Version namens Mahayana nach China
kam, hatte er nie viel Einfluss wegen der starken taoistischen und
konfuzianischen Traditionen im Geistesleben des chinesischen Volkes. Unter den
Prinzipien, die vom Buddhismus vertreten werden, sind unter anderem
Gewaltlosigkeit, die Ablehnung von Hass, Brüderlichkeit, Bedürfnislosigkeit,
Enthaltsamkeit und das Ideal, das Nirvana, also die Befreiung vom Zyklus der
Geburt und des Todes, zu erreichen. Das Fehlen von Wünschen wird als
erstrebenswert angesehen, da jeder Wunsch in sich die Idee der Erfüllung birgt.
Da diese of nicht möglich ist, sind Wünsche eine potentielle Quelle des Leids.
Auch das Leben von Gandhi beeinflusst die ÖDA.
Mohandas Karamchand Gandhi (1969-1948) wurde als Mahatma (ehrwürdiger) Gandhi
weltweit bekannt. Aufgrund der Anwesenheit der englischen Kolonialmacht in
seinem Land, gründete er die Bewegung des gewaltfreien zivilen Ungehorsams, die
eigentlich schon während seines Exils in Südafrika begann. Nach seiner Rückkehr
nach Indien im Jahre 1915 organisierte er die Bauern, Kleinbauern und
städtischen Arbeiter in Protesten gegen die zu hohen Steuern und die
Diskriminierung, deren Opfer sie in ihrem eigenen Land waren. Als politischer
Führer seit 1921 startete er eine Kampagne für eine Ausweitung der Frauenrechte
und für die friedliche Koexistenz zwischen den verschiedenen religiösen und
ethnischen Gruppen. Außerdem versuchte er, die Armut und die Unberührbarkeit zu
bekämpfen. Ein wenig später rief er die Bewegung “Quit India” ins Leben. Er führte
ein in jeder Hinsicht äußerst bescheidenes Leben, einschließlich Kleidung und
Nahrung und mit vielen Fastenperioden. Für
die Engländer war er insofern ein Problem, als es schwierig war, gegen
ihn als Befürworter der Gewaltlosigkeit vorzugehen. Man sieht also, dass sein
Leben ein interessantes Beispiel für die Philosophie der ÖDA ist.
Schließlich
haben wir noch die von James R. Martin (vgl. Martin 2004, 2006) vorgeschlagene
Positive Diskursanalyse. Er behauptet, dass die Kritische Diskursanalyse eine
wenig konstruktive Facette darstelle, die die Welt immer aus der negativen
Perspektive des Konflikts betrachte, selbst wenn sie sie im Hinblick auf
Geschlecht, ethnische Herkunft, Klassenunterschiede usw. verbessern möchte.
Laut Martin kann man durchaus den Standpunkt einnehmen, dass das Gleiche
bewirkt werden kann, wenn man statt des Konflikts die Harmonisierung als
Ausgangspunkt nimmt. Seiner Meinung nach würde dies die Welt zu einem besseren
Ort zu machen. Martin stellt gegen Ende seines Buches Long walk to freedom
auf zwei Seiten eine detaillierte Analyse der Autobiographie von Nelson Mandela
vor. Wie wir wissen, verbrachte Mandela wegen seines Kampfes gegen das
Apartheidregime 27 Jahre im Gefängnis und wurde erst im Jahr 1990 entlassen.
Von 1994 bis 1999 war er Präsident seines Landes. Trotz der Leiden, die er
durchgemacht hatte, zeigte Mandela keine Bitterkeit oder angestaute Gefühle der
Rache. Im Gegenteil, verteidigte er die Freiheit nicht nur für seine schwarzen
Landsleute, sondern auch für die weißen, denn „Freiheit ist unteilbar.“
Tatsache ist, dass „Mandelas Rhetorik des Engagements“ uns ein Gefühl der
Dazugehörigkeit vermittelt und nicht nur eines des Belehrtwerdens. Martin
betont zudem „Mandelas Fähigkeit, radikale Werte aus ihren Schablonen zu befreien
und so zu entschärfen anstatt sie in Konfrontation münden zu lassen“, was
„nicht nur das Ende der Apartheid „impliziert, sondern darüber hinaus auch eine
Versöhnung ihrer Agenten.“ Dementsprechend fordert der Autor, dass „wenn die
Diskursanalyse ihre Aufgabe, sozialen Wandel zu fördern ernst nehme, sie ihren
Radius erweitern müsse und auch Diskurse wie die oben beschriebenen in Betracht
zu ziehen hätte, da es sich um „positivere Diskurse“ handelt. In diesem Sinne
analysiert Martin, neben vielen anderen, auch die Rede von Bono gegen die
Gewalt in Irland, Mark Twains Beitrag über den Krieg der USA gegen die
Philippinen und einen humorvollen Text des Kinderbuchautors Raymond Briggs über
den Falklandkrieg.
Betrachtet man in synoptischer Form einige der Charakteristika der
Diskursanalyse (DA) und der Kritischen Diskursanalyse im Vergleich mit der
Ökologischen Diskursanalyse lässt sich folgendes feststellen: Die Kritische
Diskursanalyse nähert sich ihrem Objekt von einer politische-ideologischen
Basis bzw., wie im Falle der französichen Diskursanalyse, von einer
psychoanalytischen. Für die ÖDA steht
hingegen die Frage des Lebens auf der Erde im Vordergrund, die Ökologie, die Teil der Biologie ist. Wenn man also
überhaupt von Ideologie sprechen kann, dann ist es die ökologische Ideologie (Ökoideologie)
bzw. die Ideologie des Lebens.
Sowohl die DA als auch die KDA stehen im Einklang mit der westlichen
Philosophie, die den Wettbewerb betont (Marxismus: Konflikt) und die zu Hass,
Gewalt und Krieg führen kann. Die ÖDA hat eine stärkere Affinität zu den
östlichen Philosophien (Hinduismus, Buddhismus, Taoismus), die die Kooperation
betonen, die zu Harmonie und Liebe
führt. Die DA und die KDA gehen vom Standpunkt der Logik aus (from a logical
point of view) wie der amerikanische Philosoph Willard Quine betont. Weder
lehnen sie die reduktionistische westliche Weltsicht ab, noch kritisieren sie
sie. Die ÖDA geht dagegen von einem ökologischen Standpunkt aus (from an
ecological point of view) wie er von dem deutschen Ökolinguisten und
Sprachphilosophen Peter Finke (1996) formuliert wurde. Diese Perspektive ist
umfassend und holistisch, während „Kampf“ westlichen Weltsichten zugehörig ist.
Die DA und die KDA haben, mit wenigen Ausnahmen, die Tendenz, die jeweiligen
Zustände lediglich zu analysieren und zu kritisieren, wohingegen die ÖDA
analysiert und kritisiert, aber auch Verhaltensweisen, die das Leben fördern
und Leid vermeiden vorschreibt bzw. empfiehlt. Die DA und die KDA sind
humanistisch orientiert, d.h. anthropozentrisch wie der Marxismus, dessen
Philosophie hier assimiliert wurde, wie z.B. bei Ramos (2009) zu sehen ist.
Dahingegen ist die ÖDA biozentrisch und ökozentrisch wie die Tiefenökologie.
Die DA und die KDA kritisieren den Strukturalismus und vor allem die Generative
Grammatik. Die ÖDA kritisiert den Strukturalismus, die generative Grammatik und
die DA und KDA. Die DA und die KDA beschäftigen sich mit bereits produzierten
Diskursen, mit Produkten, was letztendlich auf eine gewisse
Vergegenständlichung der Sprache hinausläuft. Die ÖDA als Teil der
ökosystemischen Linguistik dagegen konzentriert sich auf den
Sprachproduktionsprozess als solchen. In den Worten von Alwin Fill:
„Strukturalismus untersucht und beschreibt den Zustand des Wassers beim
Staudamm (Synchronie) oder die Entwicklung einer Welle auf dem Fluss
(Diachronie), Ökologie betrachtet das Fließen selbst“ (Fill 1993: 5). Daher ist
die Ökologie der kommunikativen Interaktion der Kern der ökosystemischen
Linguistik und der ÖDA, wie bereits oben gezeigt wurde. Die DA und die KDA
widmen sich weitestgehend dem sozialen Ökosystem, bestenfalls dem mentalen, wie
zaghaften Einflüsse der Psychoanalyse in einigen französischen Arbeiten zeigen.
Die ÖDA berücksichtigt sowohl die soziale als auch die psychische Dimension und
darüber hinaus auch die natürliche, womit sie sich der Ökokritik annähert
(Couto 2007: 434-442). Sie hat zudem auch die Tendenz, auch die spirituelle
Dimension mit in Betracht zu ziehen (Couto 2014).
4. Einige zusätzliche Kategorien der Ökologischen
Diskursanalyse (ÖDA) oder Kritischen Ökosystemischen Linguistik (KÖL)
Außer den bereits behandelten Konzepten der ÖDA gibt es
noch weitere, die bei der Analyse von Diskursen und Texten durch die ÖDA
Berücksichtigung finden können und auch sollten. Beginnen wir mit der Vielfalt.
Diese zu akzeptieren impliziert eine Haltung der
Toleranz gegenüber dem Anderen, vor allem wenn es unterschiedlich vom Eigenen
ist. Die Nicht-Akzeptanz impliziert Intoleranz,
die zu Aggression und Gewalt vor allem gegen Minderheiten aller Art führen
können. Die Vielfat zu akzeptieren setzt eine Politik der Zusammenarbeit und
Harmonie voraus, ein Konzept, das an sich schon
in der biologischen Ökologie vorgesehen ist, und das sich in harmonischen
Beziehungen innerhalb und zwischen den verschiedenen Spezies ausdrückt, wie
z.B. die Beziehungen zwischen den Menschen und diejenige der Menschen zu
anderen Spezies. Das Gegenteil wäre die Unterordnung der Schwächeren unter die
Stärkeren, was impliziert, dass letztere den ersteren ihren Willen aufzwingen,
was also auf eine Frage der Macht hinausläuft. Dies kann zu Fundamentalismus
führen, der, wie wir wissen, oft mit Gewalt einhergeht. Aus diesem Grunde
empfiehtl die Tiefenökologie, von der die ÖDA ja stark beinflusst ist, eine
Haltung à la Gandhi (eine der Inspirationsquellen der Tiefenökologie), d.h.
entschieden, aber nicht gewalttätig. Die ÖDA folgt dieser Linie und respektiert
die natürliche, geistige und sozialeVielfalt
Eng verbunden mit der Vielfalt ist die Frage der Interaktion, der Zusammenhänge und Beziehungen. Innerhalb des
Ökosystems existiert nichts isoliert, alles ist irgendwie direkt oder indirekt
mit allem verbunden. Bedingt durch die Vielfalt von Wesen und Zusammenhängen
stellt das Ökosystem selbst eine Kette oder ein Netz von Wechselbeziehungen
zwischen Organismen untereinander, zwischen Organismen und ihrer Umwelt etc.
dar. Je größer die Vielfalt der Organismen und der Milieus ist, desto mehr
Interrelationen weist das Ökosystem auf, da die beiden Konzepte eng miteinander
verbunden sind. Die Wechselwirkungen sind eng mit der Harmonie des Ganzen
verknüpft, daher der Holismus, da sie innerhalb des Systems wirksam
sind. Sie sind multilateral, multipolar und plurizentrisch. Totalitarismus
hingegen ist monozentrisch und zentripetal, weshalb es oft zu Konflikten kommt,
da er nicht die Vielfalt, die die multilateralen Zusammenhänge nach sich
ziehen, akzeptiert.
In der Dynamik der Wechselbeziehungen gibt es neben der Adaption der
Organismen untereinander auch eine ständige Anpassung der Organismen an die
Umwelt und umgekehrt. Die Anpassung der Milieus an die Organismen war zum
phylogenetischen Beginn des Lebens noch relativ gering, hat sich aber ständig
intensiviert, vor allem aufgrund der technologischen Entwicklung (eine Adpation,
die durchaus in eine Sackgasse führen kann). Die Welt und die Kultur
(einschließlich der Sprache) sind dynamisch, ändern sich ständig und passen
sich den neuen Situationen, mit denen die Natur (und die Kultur) sie
konfrontiert, an. Nichtanpassung bedeutet Widerstand zu leisten, was durchaus
zu Disharmonie, Konflikten und Gewalt führen kann, ob gegen andere Menschen
oder gegen andere Lebewesen und gegen die Natur im Allgemeinen, wie der
aktuelle praktizierte Raubbau zeigt. Die darwinistische Sichtweise stellt den Wettbewerb
und das Überleben des Stärkeren in den Vordergrund, aber neuere Forschungen in
der Ökologie haben gezeigt, dass Überleben eher eine Funktion flexibler
Adpation als eine der Stärke ist. Wenn dem nicht so wäre, könnte das Aussterben
der Saurier auch kaum erklärt werden. Anpassung ist der Verusch, in Harmonie
mit der Umwelt und mit einander zu leben, ein zentraler Begriff des Taoismus
und indirekt auch derTiefenökologie.
Die Anpassung ist eine Seite der Medaille, die andere
ist die Evolution. Es ist heutzutage hinreichend bekannt, dass die
Evolution zyklisch erfolgt. Alles in der Natur bewegt sich in Zyklen wie z.B.
der Wechsel Tag / Nacht, die Jahreszeiten und der biologische Rhythmus unseres
Körpers zeigen, aber auch die Kultur, inklusive der Sprache, wird von
zyklischen Bewegungen bestimmt. Man braucht nur die Mode zu betrachten. Wie oft
haben nicht die Designer die Mode diktiert und uns gesagt, was gerade chic ist
und was nicht. Dies fällt ganz besonder auf, wenn man die Mode der 60er oder
der 80er mit der heutigen vergleicht. Aber um diese wieder aufleben zu lassen,
reicht es, einen Begriff wie z. B. retro kreieren. In Couto (2012:
179-199) sind einige Beispiele für die zyklischen Entwicklungen in der
Literatur und in der Sprache vorgestellt. Damit betreten wir den Bereich des Recycling.
Er steht in direkter Verbindung mit dem zügellosen kapitalistischen
Konsumismus. Nur derjenige recycelt, der weiß, dass der Konsumismus und die
Wegwerfgesellschaft schädlich für die Erhaltung des Lebens auf der Erde sind,
vor allem auf lange Sicht. Für die Erhaltung des Lebens ist es
notwendig, eine nachhaltige Wirtschaft zu praktizieren, die die Ökologie
berücksichtigt. Die ökologische Ideologie hat die drei ‘r’ zur Grundlage:
Reduzierung, Reutilisierung und Recycling.
Wegwerfen statt Reduzieren, Wiederverwenden oder
Recyclen resultiert in Verschwendung und Missbrauch der natürlichen Ressourcen,
nicht nur der belebten Natur, die darüber hinaus dadurch auch noch verschmutzt
wird. Unsere Eingriffe in die Natur werden mit jedem Tag intensiver und
räuberischer. Die Folge davon ist das Leiden vieler Lebewesen. So erfordert z.
B. der übermäßige Fleischkonsum die Schlachtung von Hunderttausenden, von
Millionen von Tieren. Die extensive Zucht von Fleischrindern, aber auch die von
Milchvieh resultiert in der Schaffung von enormen Weideflächen mit nur einer
einzigen Art von Gras, z. B. Brachiaria, was in der Regel eine dramatische
Reduzierung der Artenvielfalt der Flora und Fauna impliziert. Um letztere zu
reduzieren, wie z. B. im Fall von Insekten, greift man auf Pestizide zurück.
Der drastische Rückgang einer Insektenart oder sogar ihre völlige Ausrottung
hat jedoch weitreichende Effekte auf das Ökosystem, da er auch mit der
Vernichtung derjenigen Lebewesen einhergeht, die sich von diesen Insekten
ernähren.
Bei einer ganzheitlichen Betrachtung des gesamten
Ökosystems stellen wir fest, dass es die Eigenschaft hat, sich mit den
benachbarten Ökosystemen auszutauschen, zwischen ihnen ein ständiges Geben und
Nehmen von Materie, Energie und Informationen stattfindet. Mit anderen Worten,
all dies repräsentiert die Charakteristik der Öffnung, manchmal auch Porosität
genannt. Diese Charakteristik des Ökosystems in Kombination mit der Vielfalt,
beinhaltet die Toleranz gegenüber anderen Arten, anderen ethnischen Gruppen und
stellt sich gegen Ethnozentrismus, Rassismus und andere “Ismen”, wie sie
bereits oben erwähnt wurden. Sie lehrt, dass nichts isoliert ist, dass alles
sowohl von außen beeinflußt wird als auch seinen Einfüsse nach außen geltend
macht. Sie macht uns empfänglich für die Idee des Anderen, auch wenn wir mit
ihr nicht übereinstimmen. Sie zu akzeptieren heißt nicht, sie sich zu eigen zu
machen, sondern sie zu respektieren.
Die Konzepte ‘richtig’ und ‘falsch’ sind sozial bedingt
und dementsprechend relativ. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Konzepte in
der Natur nicht existieren, variieren sie von Gesellschaft zu Gesellschaft, von
einem sozialen Segment zu einem anderen. Zudem ist bereits festgestellt worden,
dass, wenn wir das Konzept “falsch” anwenden, es Leid verursacht wie es im
vorliegenden Kontext verstanden wird. Das, was kein Leid verursacht, kann also legitimerweise
als ‘nicht-falsch’ angesehen werden.
Es gibt verschiedene andere ökologische Konzepte, auf
die man in der ÖDA zurückgreifen kann. Dazu gehören die oben genannten
harmonischen Beziehungen im Gegensatz zu den disharmonischen Beziehungen,
sowohl innerhalb der Spezies als auch zwischen den Spezies. Unter den harmonischen
Beziehungen zwischen den Spezies sind die Nachbarschaftlichkeit, der
Kommensalismus und die Gegenseitigkeit zu nennen. Hinsichtlich
der disharmonischen Beziehungen zwischen den Spezies stechen der Predatismus
(Predator vs. Beute) und der Parasitismus hervor. Hier könnte man
argumentieren, dass der Predator der Beute Schmerz und Leiden zufügt. Es ist
jedoch wahr, dass es sich hier um einen Teil der Nahrungskette handelt. Es ist
ein Weg der Natur sich selbst im Gleichgewicht zu halten und Nachhaltigkeit zu
sichern.
Bei den intraspezifischen disharmonischen
Beziehungen muss vor allem die Konkurrenz, die es natürlich auch bei
den Beziehungen zwischen den Spezies gibt, genannt werden. Das, was in der
ökosystemischen Linguistik als Kommunion bezeichnet wird (Couto 2012:
69-85) und was gleichzeitig die Voraussetzung für die kommunikative Interaktion
ist, fällt unter die harmonischen intraspezifischen Beziehungen. Die Ökologie
generell sowie deren philosophische, soziologische usw. Ableger stellen also
hinreichend Konzepte für die kritische Analyse von Diskursen und Texten der
unterschiedlichsten Provenienz zur Verfügung. Man muss heutzutage keine Angst
mehr vor dem Biologismus haben. Die Verwendung der allgemeinen Ökologie als
Basis für Kultur- und Sprachwissenschaften bedeutet, die Perspektive des Lebens
einzunehmen und es ist ja das Leben, das die Biologie, in der auch die
Makroökologie und die Ökolinguistik inkorporiert sind, untersucht.
Wir müssen aber auch gegen die Zerstörung der nicht
belebten Natur kämpfen. Wenn man zum Beispiel das Wasser vernachlässigt, kann
es schließlich bis zu dem Grad verunreinigt sein, der nicht nur für uns,
sondern auch für andere Lebewesen schädlich ist. Es könnte auf diese Weise als
Lebensgrundlage völlig verschwinden mit der Folge, dass Leben unmöglich würde.
Ebenso müssen wir darauf achten, die Luft nicht exzessiv zu verschmutzen, denn
sonst werden wir keinen Sauerstoff zum Atmen zu haben. Wir sollten auch nicht
bestimmte Produkte, deren Produktion den Treibhauseffekt verursacht, verwenden,
denn andernfalls könnten wir alle sterben, entweder an den Folgen der hohen
Temperaturen oder auch an Hautkrebs. Es ist keine apokalyptische Vision, die
genüsslich Katastrophenszenarien beschwört, sondern es ist realistisch. Was
bisher deutlich zu sehen war, weist in diese Richtung. Warum nicht eine
besonnenere Haltung einnehmen?
5. Mini Analyse eines abstrakten Textes
Die Analyse von Texten / Diskursen mit ambientaler, antiambientaler oder
pseudoambientaler Thematik birgt keine größeren Probleme. Sie kann aus jeder
Perspektive durchgeführt werden, wie oben bereits angedeutet. Auch ein gut
informierter Laie kann kritisch über ambientale Texte schreiben. Es ist in der
Tat so, dass wenn die Diskursanalyse und die Kritische Diskursanalyse sich mit
diesen Fragen beschäftigen, sie dies so tun wie jedes andere Analysemodell
auch, was natürlich auch ideologische Aspekte involviert. Die ÖDA kann im
Prinzip für die Analyse von jeder Art von Text angewandt werden, nicht nur für
die, deren Thema die Umwelt ist, sie scheut nicht einmal vor abstrakten Texten
zurück. Ich werde dies im Folgenden am Beispiel eines Syllogismus, einem der
abstraktesten sprachlichen Ausdrücke, da er nur logische Beziehungen enthält,
zu zeigen versuchen. Der hier verwendete Syllogismus ist Teil der
aristotelischen Tradition.
Jeder Mensch ist sterblich.
Sokrates ist ein Mensch
Also ist Sokrates sterblich.
Das „Thema“ des Syllogismus ist der Tod. Dies hat jedoch auch direkt mit
dem Leben zu tun, da das eine nur mit dem anderen existieren kann. Wenn wir
über das Leben sprechen, sprechen wir implizit auch über den Tod, da nur
Lebewesen sterben. Damit nähern wir uns bereits der ökologischen Weltsicht,
denn das Leben wird von der Biologie untersucht, von der die Ökologie ein Teil
ist. Definiert wird ein Syllogismus als
ein strukturierter deduktiver Schluss, bestehend aus zwei Prämissen durch die
man durch Inferenz notwendigerweise zu einer Konklusion gelangt.
Nach den Logiklehrbüchern beschreibt ein Syllogismus nichts, sondern er
gibt nur formale logische Beziehungen wieder. Betrachten wir nun die
lexikalischen Bestandteile des Syllogismus, also Mensch, Sokrates und sterblich. Die ersten beiden beziehen
sich auf etwas in der natürlichen Welt existierendes, während der dritte sich
auf eine ihm inhärente Qualität oder Eigenschaft bezieht. Auf diese Tatsache
wurde bereits von Russell (1982: 56-57) mit Bezug auf Parmenides hingewiesen.
Diese drei Säulen des Arguments finden wir also unmittelbar in der natürlichen
Welt. Ohne sie gäbe es keine Möglichkeit der logischen Verbindung. Wie bereits
die Denker von Port-Royal gezeigt haben, gibt es also nur logische Verbindungen
zwischen realen Entitäten in der realen Welt. Ohne diese Verbindungen mit der
realen Welt (Referenz, Bedeutung), wäre der Syllogismus unverständlich.
Ein Syllogismus besteht aus drei Aussagesätzen. Wie einige Linguisten und
Sprachphilosophen gezeigt haben, ist jede affirmative Aussage eine Antwort auf
eine Frage, selbst wenn diese nicht explizit formuliert wird. (Maas 1973: 155).
In diesem Fall sind die Aussagen alle Menschen sind sterblich, Sokrates
ist ein Mensch und Sokrates ist sterblich implizit sicherlich als
Antworten auf philosophische Fragen zu werten, ungefähr in der Form: Ist
jeder Mensch sterblich?, Ist Sokrates ein Mensch? und Ist Sokrates
sterblich? Das heißt, die Aussagen des Syllogismus sind indirekt mit dem
Kern der Ökosystemischen Linguistik und der ÖDA verbunden, die die Ökologie der
kommunikativen Interaktion ist. Es handelt sich hier um etwas den Sprichwörtern
Vergleichbares. Die Paremiologen haben gezeigt, dass Minitexte wie Steter
Tropfen höhlt den Stein in einer konkreten kommunikativen Interaktion, die
zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit stattgefunden hat, geäußert
worden sein müssen. In diesem Fall war es die Antwort auf die möglicherweise
unausgesprochene Frage: Was macht der stete Tropfen mit dem Stein?
Wie bei den Sprichwörtern wurde der Text des Syllogismus mit Sicherheit im
alten Griechenland von einem Sprecher für einen Hörer irgendwo produziert. Das
heißt, bei diesem ersten Mal war er Teil
einer konkreten kommunikativen Interaktion innerhalb eines bestimmten
Szenarios. Leider können wir die Ökologie der kommunikative Interaktion, in der
er geäußert wurde, nicht wiederherstellen. Wir können nur ableiten, dass sie
existiert haben muss, weil diese „Äußerung“ im Laufe der Geschichte immer
wieder wiederholt wurde. Das heißt, dass es eine erste Wiederholung gegeben
haben muss, einen Moment, der zeitlich nach der ersten Äußerung zu verorten
ist. Da die historische Dimension von beträchtlicher Wichtigkeit ist, mach es
Sinne, auf den bereits erwähnten Text von Bertrand Russel zurückzukommen.
Die logischen Verknüpfungen können auch als Inklusionsbeziehungen
interpretiert werden. Sokrates ist ein Lebewesen, das zur Klasse der
Menschen gehört. Letztere wiederum gehören zu der Klasse von Lebewesen, deren
Eigenschaft es ist, sterblich zu sein. Inklusionsbeziehungen existieren jedoch
in der Natur unabhängig von einem Beobachter. Couto (2007: 140) verweist zur
Illustration auf den Kern innerhalb einer Frucht. Er ist da, ohne dass jemand
ihn dort hingetan hätte, ihn beobachten würde oder ihn diskursiv geschaffen
hätte. Es handelt sich hier um eine der einfachsten Beziehungen überhaupt, eine
Relation par excellence. Sie ist so fundamental, dass die Präpositionen in
/ innerhalb mithilfe derer sie kodiert wird in allen Sprachen der Welt
existieren und sie sind mit die Ersten, die von Kindern erworben werden. Das
heißt, selbst die logischen Beziehungen,
haben einen Bezug zur natürlichen Welt, in der sich das Drama des Lebens
entfaltet.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Interpretation der ÖDA und
derjenigen der Diskursanalyse und der Kritischen Diskursanalyse ist der des
ersten Teils der Ökologie, der kommunikativen Interaktion als ein Ganzes und nicht
nur als das Produkt dieser Interaktion. Dieses Produkt wird als die
Materialisation des Diskurses in der Form von Text gesehen. Als Teilbereich der
Ökosystemischen Linguistik ist der Ausgangspunkt der ÖDA nicht das Produkt, das
ja im Grunde genommen nur ein „Ding“ ist, sondern der Prozess seiner
Produktion. Es scheint uns wichtig zu wiederholen, dass es bei dem
vorangegangenen Entwurf einer Analyse nicht nötig war, Bezug auf irgendeine
Ideologie – außer der des Lebens – zu
nehmen.
6. Fazit und Ausblick
Es scheint, dass es eigentlich unnötig ist, ein weiteres
Modell der Diskursanalyse vorzuschlagen, da es bereits genügend gibt, die zudem
auch noch oft in Konkurrenz zueinander stehen. Wie schon mit Bezug auf das Thema des Funktionalismus in der Linguistik
gesagt worden ist, handelt es sich um ein Konglomerat von Theorien, deren
einzige Gemeinsamkeit die Opposition zur päpstlichen Lehrmeinung ist. Sprich:
zum Strukturalismus und vor allem zu Generativismus. Wir sind jedoch der
Überzeugung, dass die ÖDA neue Ideen in die Diskursanalyse einbringt,
unabhängig von parteipolitischen religiösen etc. Ideologien, obwohl sie diese
durchaus mit einschließen kann. Die ÖDA hat als Ausgangspunkt die Bioideologie
bzw. die Ökoideologie. Wie bereits mehrfach betont wurde, bezieht sich die
traditionelle Diskursanalyse direkt oder indirekt auf die marxistische
Ideologie. Nun ist diese Ideologie einer der schlimmsten Teile des Marxismus.
Verschiedene andere Kategorien des dialektischen Materialismus lassen sich
problemlos in die ökologische Weltsicht, wie sie hier skizziert, wurde
integrieren. Unter diesen sind vor allem die Totalität, die an den ökologischen
Holismus erinnert und die Dialektik, die der ökologischen Wechselwirkung
ähnelt, zu nennen.
Es gibt grundsätzlich zwei Arten von gültigen
wissenschaftlichen Studien. Die erste ist die, die neue Daten hervorbringt, zum
Beispiel, wenn die Physik einen neuen Himmelskörper, einen neuen Planeten, eine
neue Galaxie entdeckt. Leider ist es in den Geisteswissenschaften nicht immer
möglich, neue Tatsachen zu entdecken, vor allem solche wissenschaftlicher Art.
Aber es ist möglich, neue Interpretationen bereits bekannter Tatsachen
vorzustellen, selbst wenn diese bereits auf der Grundlage anderer theoretischer
Modelle gedeutet worden sind. Wenn die neue Interpretation interessanter ist
als die vorherigen, kann das theoretische Modell als gültig betrachtet werden.
Andernfalls kann es vergeworfen werden. Wir sind davon überzeugt, dass die ÖDA
neue Einsichten für die gängige Diskursanalyse bringen kann. Es kann allerdings
auch vorkommen, dass dies nicht eintritt, d.h., dass sie nicht akzeptiert wird
und / oder als nicht gültig angesehen wird, aber Tatsache ist, dass eine
Diskursanalyse, die von einer ökologischen Weltsicht ausgeht, bisher nicht
vorgeschlagen wurde.
Letztendlich sind viele traditionelle Untersuchungen
der Diskursanalyse nur insofern ökologisch als ihr Gegenstand (Ontologie)
Umweltdiskurse sind, z. B. im Falle eines Anhängers der Diskursanalyse oder der
Kritischen Diskursanalyse, der den Text einer umweltverschmutzenden Firma
kritisiert um als ökologisch korrekt zu gelten. Die Kritische Ökolinguistik
geht hier weiter, indem sie sich speziell dieser Art von Texten unter Zuhilfenahme
ökologischer Kategorien als Metaphern nähert. Daher ist sie sowohl ontologisch
als auch epistemologisch ökologisch. Die ÖDA bewertet jede Art von Text,
einschließlich ökologischer Texte, unter Verwendung von ökologischen Konzepten
nicht nur als Metaphern, sondenr aus der Ökologie heraus. Weil sie interaktional
ist, kann sie in dialektischer Form von der Theorie zum Objekt und vom Objekt
zur Theorie zu gehen. Im Gegensatz zu Saussures Auffassung, dass die Sichtweise
das Objekt der Linguistik schafft, kann in der Ökosystemischen Linguistik und
in der Ökosystemischen Diskursanalyse der Untersuchungsgegenstand selbst die
geeignetste Methode nahelegen. Mit anderen Worten: Die ÖDA ist hinsichtlich der
Ontologie, der Epistemologie und der Methodologie ökologisch.
Bibliographie
Alexander, Richard & Arran Stibbe. 2014. From the
analysis of ecological discourse to the ecological analysis of discourse. Language
sciences 14: 104-110.
Bednarek, Monika & Helen Caple. 2010. Playing with
environmental stories in the news: good or bad practice? Discourse &
Communication 4/1: 5-31.
Bookchin, Murray. 2009. What is environmental ecology?
In: Clowney, David; Mosto, Patricia (Hrsg.). Earthcare: An anthology in
environmental ethics. Lanham, Maryland: Rowman & Littlefield.
Capra, Fritjof. 1992. Belonging to the universe.
San Francisco: Harper
Collins.
Couto,
Elza K. N. N. do & Hildo Honório do Couto. 2013. O discurso “fragmentado”
dos meninos de rua e da linguagem rural: Uma visão ecolinguística. IV
SIMELP, UFG, 02-05/07/2013. Unter:
http://www.simelp.letras.ufg.br/anais/simpósio_10.pdf p. 425-436 (abgerufen am 23/12/2013).
Couto,
Hildo H. do; Couto, Elza K. N. do; Araújo, Gilbertto; Davi, Albuquerque (Hrsg.).
2016. O paradigmsa ecológico nas ciências
da linguagem : Ensaios ecolinguísticos clássicos e contempoâneos. Goiânia :
Editora da UFG.
_______;
Couto, Elza K. do; Borges, Lorena O. 2015. Análise do discurso ecológica.
Campinas: Pontes.
Couto, Hildo Honório do. 2007. Ecolingüística: estudo das relações entre língua e
meio ambiente. Brasília: Thesaurus
Editora.
_______. 2012. O
tao da linguagem: Um caminho suave para a redação. Campinas: Pontes.
_______. 2013.
Análise do discurso ecológica (ADE), unter
http://meioambienteelinguagem.blogspot.com.br/2013/04/analise-do-discurso-ecologica.html
(abgerufen am 23/12/2013).http://meioambienteelinguagem.blogspot.com.br/2013/04/analise-do-discurso-ecologica.html
_______. 2014. Ecological approaches in linguistics: a
historical overview. Language sciences 41: 122-128.
Fill, Alwin. Fill, Alwin. 1993. Ökologie: Eine
Einführung. Tübingen: Gunter Narr Verlag.
_______.
(Hrsg.). 1996a. Sprachökologie und Ökolinguistik. Tübingen:
Stauffenburg.
_______. 1996b. Ökologie der
Linguistik – Linguistik der Ökologie. In: Fill (Hrsg.), p.
3-16.
Finke, Peter. 1996. Sprache als missing link zwischen
natürlichen und kulturellen Ökosystemen. Überlegungen zur Weiterentwicklung der
Sprachökologie. In: Fill (Hrsg.), p.27-48.
Maas,
Utz. 1973. Sprachliches Handeln I: Auffordern, Fragen, Behaupten. In: Funk-Kolleg
Sprache 2: Eine Einführung in die modern Linguistik. Frankfurt/Main: Fischer
Taschenbuch, p. 144-157.
Makkai,
Adam. 1993. Ecolinguistics: ¿Toward a new **paradigm** for the
science of language? Londres: Pinter Publishers.
Martin, James R. 2004. Positive discourse analysis:
Solidarity and change. Revista
canaria de studios ingleses
n. 49, p. 179-200.
_______.
2006. Vernacular deconstruction: Undermining spin. DELTA v. 22, n. 1, p.
177-203.
Matos,
F., Elza Couto, Adilson Marques & Hildo Couto. 2014. Ecolinguagem. In:
Couto, E., Ema Dunck-Cintra, Lorena Borges (Hrsg.). Antropologia do imaginário, ecolinguística e metáfora. Brasília:
Thesaurus, p. 215-224.
Naess,
Arne. The shallow and the deep, long-range ecology movement:
A summary. Inquiry 16, p. 95-100, 1973.
_______. 1989. Ecology,
community and lifestyle. Cambridge: Cambridge University Press.
_______. 2002. Life's philosophy - Reason &
feeling in a deeper world. Athens: The University of Georgia Press.
Ramos, Rui. 2009. O discurso do ambiente na
imprensa e na escola: Uma abordagem
linguística.
Lisboa: fundação Calouste Gulbenkian / Fundação para a Ciência e Tecnologia.
Russell,
Betrand. 1982. História da filosofia ocidental. Brasília: Editora da
UnB.
Trampe, Wilhelm. Ökosysteme und
Sprache-Welt-Systeme. In: Fill (Hrsg.), 1996, p.
59-75.
_______.
2016. Sobre o papel da linguagem nos sistemas ecológicos antropogênicos. In:
Couto; Couto; Araújo; Albuquerque (Hrsg.), p. 2016.
Aus
dem Portugieschen von Theo Harden übersetzt.